Sepp Großschmidt

Sepp Großschmidt, bei der Verleihung des Volkstumspreises 1975

Wer die Geschichte der bündischen Jugendbewegung in der sudetendeutschen Volksgruppe schreiben will, wird mit an erster Stelle Sepp Großschmidt nennen müssen als eine der prägenden Führerpersönlichkeiten aus dem schlesischen Teil unserer Heimat.
Dies gilt für den Anfang in den Sudetenländern ebenso, wie für die neuen Zusammenschlüsse nach der Vertreibung. Und immer wieder war Sepp Großschmidt ein Anwalt des kulturellen Erbes seiner Heimat, damit hat er sich bleibende Verdienste erworben,
Der am 29. 05. 1903 in Troppau Geborene rief schon in jungen Jahren eine Jugendgruppe des Bundes der Deutschen in Sudetenschlesien ins Leben, die zuerst als Wilder Wandervogel (WWV) rasch Zuspruch fand und später sich dem Bunde der Adler und Falken (des Dichters Wilhelm Kotzde- Kottenroth) anschloss und in dessen Quadengau, den Ländern Mähren und Schlesien, vorbildliche Volkstumsarbeit leistete.
Volkslied und Volkstanz, Laienspiel und Puppentheater standen dabei im Vordergrund.

Nach der Vertreibung fand Sepp Großschmidt mit seiner Frau und den vier Kindern in Eichenried im Erdinger Moos eine Bleibe -- ein neues Zuhause fand die Familie mit dem Einzug ins eigene Heim in München im Jahr 1959. In München ist Sepp Großschmidt auch im Jahr 1985 gestorben.

Nach der Vertreibung baute Sepp Großschmidt, seiner beruflichen Aufgaben als Diplombibliothekar ledig, die Volksbildungsstelle der Sudetendeutschen Landsmannschaft auf und gab als deren Leiter die Werkblätter der Sudetendeutschen heraus. Darin wurde heimatliches Volks- und Brauchtum, vornehmlich für die Feste und Feiern im Jahreslauf zusammengetragen. Gemeinsam mit Ing. Herbert Schmidt gründete Sepp Großschmidt das Sudetendeutsche Sozialwerk und ermöglichte den Erwerb des Heiligenhofes bei Bad Kissingen, dem die heimatvertriebene Volksgruppe unschätzbar viel als Stätte der Begegnung und der Gemeinschaft, für die Pflege des überlieferten Volksgutes und als Ausstrahlungspunkt weit über den sudetendeutschen Lebensraum hinaus zu danken hat.

Der neugegründeten Sudetendeutschen Jugend (SdJ) -- an deren Gründung er maßgeblich mitbeteiligt war -- stand Sepp Großschmidt in der Folgezeit als treuer Freund, Ratgeber und Helfer zur Seite.
Als im Jahr 1951 die landsmannschaftlichen Jugendverbände sich zur Deutschen Jugend des Ostens (DJO) vereinten, erweiterte sich der Wirkungsbereich Sepp Großschmidts in diesen Jugendverband und auf alle Heimatgebiete der Vertriebenen. Seine Mitarbeit in der SdJ und DJO brachte viele Anregungen, die Musischen Bundesspiele, Jugendleiterlehrgänge, Publikationen beeinflusste er ebenso wie die unzähligen Freunde in vielen Gruppen, die er durch seine Gespräche und Informationen verband.

Sepp Großschmidt zählte auch zu den Gründern der Arbeitsgemeinschaft sudetendeutscher Turnerinnen und Turner, er blieb Zeit seines Lebens dem Sudetendeutschen Wandervogel treu verbunden und ebenso seiner Heimatgemeinschaft Troppau. Wie ein Netz überspannten die durch seine Gespräche geknüpften Verbindungen bald die Gruppen und Freunde in der Bundesrepublik Deutschland, in Österreich und Südtirol.

Sepp Großschmidt sammelte, sichtete und ordnete dabei vielfältige Materialien. Das größte Verdienst dieses im Stillen wirkenden, unermüdlichen Volkstumspflegers liegt darin, dass er seit langen Jahren eifrig daran arbeitete, sämtliche deutschen Volkstänze zu erfassen und in Gründlichkeit in Wort, Musik und Bewegung aufzunehmen.
Ausgangspunkt für diese, heute schon über 2000 Volkstänze enthaltende, Kartei waren und sind die Tänze unserer alten Heimat. Aus reicher eigener Erfahrung und gestützt auf 230 Sammlungen ging Großschmidt der Herkunft und dem Wesen des Tanzes nach, mühte sich, seine Werte und die bleibende Bedeutung zu ergründen. Besonderheiten und Spielarten festzuhalten und nach Landschaften einzuordnen.
Selbstverständlich ging Großschmidt auch den Wechselbeziehungen nach, die zwischen tschechischem und sudetendeutschem Tanzgut bestehen. 100 Landschaften haben sich so als eigenständige Bereiche ergeben, oft mit verwandten und sich wechselseitig durchdringenden Ausdrucksformen, die eine kaum zu überblickende Vielfalt an Formen und Weisen offenbaren, und die der rastlose Großschmidt in geordnete Bahnen und klare Gruppen zusammenbrachte.
Hier haben vielfach sachkundige Landsleute aus den Heimatgliederungen mitgeholfen, vor allem bei jenen Tänzen, die etwa seit der Jahrhundertwende kaum noch lebendig im Volke geübt wurden, aber auch bei der großen Gruppe der anderen Volkstänze, die von der Jugendbewegung vor 1950 übernommen und weiterentwickelt worden sind.

Die erstaunlich umfangreiche Arbeit ist als Kartei angelegt und so eingerichtet, daß weitere volkskundliche Gebiete wie Volkslied und Tracht, Brauchtum und Sitte leicht und zweckmäßig eingegliedert werden können.
Für sein sowohl im pädagogischen Bereich, als auch in der Volkstumspflege sehr weit in die Zukunft weisendes Wirken wurde Sepp Großschmidt 1975 mit dem Sudetendeutschen Volkstumspreis ausgezeichnet. Durch sein Wirken lebt er in der Erinnerung aller seiner Freunde und in seinen Werken fort.



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